Christian Bischoff erzählt diese Geschichte:
Michael Schneider war ein erfolgreicher Manager. Der typische Karrieremensch, der es in kurzer Zeit weit nach oben gebracht hatte. Er war in seiner Firma sehr angesehen, verdiente eine Menge Geld und arbeitete viel. Sehr viel. So viel, dass er nur äußerst wenig Zeit für seine Frau und seine kleinen Kinder hatte.
Mit vielen anderen Topgrößen seiner Branche nahm er an einem Sonntag an einer Fortbildung teil. Als letzter Referent trat ein älterer Herr vor die Teilnehmergruppe. Der Vortrag ging dem Ende entgegen, als der Referent plötzlich lauter wurde:
«Ich möchte Ihnen von etwas erzählen, das mir die richtige Perspektive für mein eigenes Leben gegeben hat. Ich nenne es die "Lehre der 1500 Kieselsteine".
Ich war 46 Jahre alt und arbeitete die ganze Zeit. Ich war erfolgsbesessen! Alles andere war für mich sekundär. Nun, ich weiß nicht warum, aber eines Tages setzte ich mich an meinen Schreibtisch und machte ein paar Rechenspiele. Nehmen wir an, der Mensch wird im Durchschnitt 75 Jahre alt. Ich weiß, einige werden älter, andere müssen leider früher sterben. Heute ist Sonntag. Der Tag an meinem Schreibtisch war auch ein Sonntag. Ich habe als Nächstes 75 mit 52 multipliziert, weil ein Jahr aus 52 Wochen besteht, und erhielt als Ergebnis 3900.
3900! Der Mensch erlebt im Durchschnitt genau 3900 Sonntage in seinem Leben. Nur 3900! Folgen Sie mir bitte gedanklich hier, denn jetzt komme ich zu dem wichtigen Teil der Theorie!
Ich habe 46 Jahre gebraucht, um mir einmal Gedanken über solche Dinge zu machen. Bis dahin hatte ich schon 2400 Sonntage erlebt. Und wie ich sie teilweise verschwendet habe. Mir wurde auf einmal Folgendes klar: Wenn ich ein ganz normaler Durchschnittsmensch bin, habe ich noch genau 1500 Sonntage vor mir, die ich genießen kann.
Ich ging an den nächsten Tagen mit meinen beiden Söhnen viel spazieren und wir sammelten auf unseren Wegen 1500 kleine Kieselsteine. Ich nahm sie alle mit nach Hause in meinen Keller und warf sie in einen riesigen, durchsichtigen Behälter. Genau 1500. Diesen Eimer habe ich an einem persönlichen Platz vor dem Rest meiner Familie versteckt.
Seitdem bin ich jeden Sonntagmorgen nach dem Aufstehen in den Keller gegangen, habe einen Stein aus dem Eimer genommen und ihn aus dem Fenster geworfen. Denn ich hatte wieder einen Sonntag weniger in meinem Leben.
Von diesem Tag an habe ich angefangen, bewusster zu leben. Wenn Sie sehen können, wie die Kieselsteine langsam aber stetig weniger werden, beginnen Sie unweigerlich, sich auf das Wesentliche im Leben zu konzentrieren. Denn man merkt, wie der Sand der inneren Uhr verrinnt. Und auf einmal wird man sich bewusst, dass dieser Sand nicht für immer rinnen wird. Die Prioritäten in meinem Leben haben sich seitdem radikal verändert.
Letzten Sonntag, genau heute vor einer Woche, habe ich den letzten Kieselstein aus dem Behälter genommen. Und heute bin ich der glücklichste Mensch auf dieser Welt. Ich bin so glücklich, dass ich mich wie ein Vierzigjähriger fühle! Wissen Sie, warum? Weil ich ein bisschen mehr Zeit bekommen habe als der Durchschnittsmensch. Und dafür bin ich äußerst dankbar. Können wir nicht alle ein bisschen mehr Zeit in unserem Leben gebrauchen?
Versuchen Sie bitte, Karriere und Privatleben sinnvoll unter einen Hut zu bekommen. So, dass keins von beiden vernachlässigt wird. Ich habe es geschafft. Sie können es auch schaffen. Und ich hoffe, dass ich so viel Extra-Zeit bekomme, dass wir eine Chance haben, uns alle wiederzusehen."
Herr Schneider fuhr an diesem Tag tief in Gedanken versunken nach Hause. Auf den letzten Kilometern der Fahrt rief er seine Frau an: "Hi Schatz, ich bin gleich zu Hause. Zieh dein Lieblingskleid an, ich möchte dich und die Kinder zum Essen einladen!"
"Wow, Liebling, was für eine nette Überraschung!", antwortete seine Frau erstaunt, "Wie kommen wir zu diesem seltenen Vergnügen?"
"Ach, nichts Besonderes. Es ist nur sehr lange her, dass wir alle einen Sonntag gemeinsam verbracht haben...
Ach ja, könnten wir davor einen Spaziergang machen und ein paar Kieselsteine sammeln?"