Das kleine Lob
Es war einmal ein kleines Lob, das war so winzig klein, dass es von den großen Leuten meist übersehen wurde. Niemand beachtete es. Oft genug drohte es, unter ihre groben Stiefel oder unter die Räder zu geraten.
„Das Leben ist gefährlich bei den Leuten, die es immer eilig haben“, dachte das kleine Lob. „Wenn es ihnen gut geht, dann übersehen sie mich. Wenn es ihnen nicht gut geht, dann treten sie mich. Ich will mich aufmachen und mein Glück in der weiten Welt suchen.“
So zog es los und wanderte durch Städte und Dörfer. Zu vielen Menschen sagte es: „Wie schön, dass es dich gibt! Ich bin das kleine Lob. Kannst du mich brauchen?“ Aber niemand achtete auf das kleine Lob. Die Leute hetzten an ihm vorbei oder über es hinweg.
Das kleine Lob wurde immer trauriger. So kam es in das Land der Dunkelheit, wo die Sonne nicht scheint und die Sterne nicht funkeln. Kein Licht gab es in diesem Land. Die Menschen waren traurig und finster. Hier traf das kleine Lob einen alten, müden Mann, der sich erschöpft in sein kleines Haus zurückgezogen hatte. „Wie schön, dass es dich gibt! Ich bin das kleine Lob. Kann ich dir helfen?“ – „Geh weiter!“ brummte der Alte. „Was willst du mir schon helfen? Die Welt ist dunkel und das Leben grausam. Da hilft ein kleines Lob auch nicht weiter!“ So zog er sich noch weiter in sein Schneckenhaus zurück. Die Tür seines Hauses und Herzens, durch die etwas Licht und Freude in sein Leben fallen konnte, war verschlossen.
Ganz erschreckt stolperte das kleine Lob weiter. Schließlich kam es zum Meer. „Ich kann nicht mehr weiter“, schluchzte es. „Ich bin zu klein für diese große Welt.“ Bitterlich weinte es die kalte, dunkle Nacht hindurch. Nachdem es lange geweint hatte, spürte es ganz tief in sich ein warmes Gefühl. Als es zögernd die Augen öffnete, sah es einen zarten Sonnenstrahl, der sich herangeschlichen hatte und es kitzelte.
„Oh, bist du schön!“ staunte das kleine Lob „Findest du?“ strahlte der kleine Sonnenstrahl und wurde noch ein bisschen heller. „Wer bist du? Woher kommst du?“
„Ich bin ein kleiner Sonnenstrahl. Ich kitzle die Dunkelheit und bringe den neuen Tag.“ „Du allein?“ zweifelte das kleine Lob.“
Die Menschen achten auf so kleine Wesen wie dich und mich nicht.“ „Ich habe viele Freunde und Freundinnen“, sagte der Sonnenstrahl und drehte sich um „Sieh nur, das kommen sie. Darf ich sie dir vorstellen? Hier, das ist das kleine Wort „Danke“, die kleine Hilfe, das freundliche Lächeln, der Gute-morgen-Gruß, und sein kleiner Vetter, der Gutenachtkuss. Ach ja, da ist das kleine bisschen Zeit, das sanfte Streicheln, das warme Kuscheln…“ „Hör auf! So viele Namen kann ich mir nicht merken“ sagte das kleine Lob.“ Das macht nichts“, meinte der Sonnenstrahl und schaute das kleine Lob nachdenklich an. „Ich glaube, du passt zu uns. Willst du mit uns durch die Welt ziehen?“
„Gerne“, rief das kleine Lob. „Mit euch muss das Leben Freude machen. Ja lasst uns zusammen die Dunkelheit kitzeln!“
So zog das kleine Lob mit seinen Freundinnen und Freunden durch die Welt und kitzelte überall die Dunkelheit. Und es ist kaum zu glauben: wohin sie kamen, weckten sie die Freude und die Menschen strahlten die finstere Dunkelheit einfach weg.
Jeder von uns kann so ein kleiner Sonnenstrahl sein und Licht, Wärme und Freude zu andern Menschen bringen. Loben und Danken verändern die Welt Wir können gemeinsam dazu beitragen.
(Albert Altenähr OSB, 1987)
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Es war einmal ein Problem, das sehr unglücklich und traurig war, weil alle Menschen darüber schimpften und es verfluchten. Dabei fing alles so spannend an …
In der Problementstehungsfabrik hatte man ihm in der Endkontrolle gesagt, dass es eine großartige Bestimmung habe und den Menschen ganz besondere Momente in ihrem Leben bringen würde. Voller Freude und Tatendrang machte sich das Problem daran, die Menschenwelt zu besuchen.
Doch anfangs wollte es niemand beachten – es war noch zu klein, ein kleines Problemchen.
Genährt durch das Verdrängen und Wegschieben der Menschen, wuchs es zu einem beachtlichen Problem heran. Jetzt wurde es beachtet, allerdings zog es auch schon den ersten Missmut auf sich. Und weiterhin weit und breit keine Sicht nach besonderen Momenten, wie man es ihm vor einer Ewigkeit versprach.
Es wuchs weiter und wurde größer und größer. Die Beschimpfungen der Menschen schlugen um in Resignation.
Bis eines Tages das Korsett der Resignation gesprengt wurde und ein junger Mann mit seinem Sohn das Problem betrachteten.
„Das wird keine leichte Aufgabe.“, sagte der Mann zu seinem Sohn. „Da haben wir ja ein richtiges Problem, Paps, oder?“
„Lass dich davon nicht einschüchtern, mein Sohn. Ein Problem ist nichts weiter als eine Herausforderung, eine Aufgabe, die es zu lösen gilt – mehr nicht. Eine Hürde, die wir gemeinsam überspringen werden. Vielleicht müssen wir hierfür neue Sichtweisen und Standpunkte einnehmen, uns weiter entwickeln. Auf alle Fälle ist ein Problem für uns da.“
„Wie kann etwas für uns sein, wenn wir Schwierigkeiten damit haben?“
„Weil wir daran wachsen werden, mein Sohn. Und nachdem wir es bewältigt haben, werden wir anderen Menschen helfen können, wie sie solch ein Problem lösen können.“
Das Problem lauschte aus dem Hintergrund gespannt und freute sich darauf, dass nun endlich jemand den Mut fasste und sich seiner annahm.
„Weshalb bist du dir so sicher, Paps?“
„Wenn ein Problem gegen uns wäre, müsste es Contrablem heißen – tut es aber nicht.“ zwinkerte er seinem Sohn zu.
Und das Problem verstand nun, welche besonderen Momente es den Menschen brachte. Kleine Probleme versprachen kleine Entwicklungsschritte, große Probleme hingegen gingen einher mit großen Entwicklungen – und unser Problem hier war schon verdammt groß.
- Von Mario A. Brakenwagen